Wie gesagt, das ALTER der beiden wäre auch interessant. Es gibt schulische Bestimmungen, die es nicht erlauben, dass Schüler über eine bestimmte Anzahl von Jahren hinaus an einer Schule bleiben, gewissermaßen so lange, bis sie ihren Abschluss dann irgendwann haben. Will sagen: Hat ein Schüler, außer durch Krankheit oder andere Umstände bestimmt, welche als "höhere Gewalt" zu betrachten sind, mehrere Schuljahre wiederholen müssen und übersteigt seine maximale Anzahl an Schuljahren, muss die Schule ihn entlassen, das gilt sogar für die Hauptschule. Hier in BaWü kommen solche Schüler dann, da sie ja bis 18 schulpfichtig sind, in eine Schulgattung, in der sie beispielsweise die Chance erhalten, eine nicht gemachten Schulabschluss nachzuholen oder auch einen verpatzen Abschluss zu wiederholen. Selbst hier steigt man ihnen also sogar noch nach. "Vorzeitige Entlassung" kommt also normalerweise nicht vor.
Dass es Schüler gibt, die sich eine regelmäßige "Beurlaubung" "erkämpfen" weiß ich. Mir sind nicht wenige Fälle bekannt, in denen Schüler einer Schule verwiesen wurden und suchen mussten, welche Schule sie mit diesem "Lebenslauf" denn aufnimmt. Denn die Schulpflicht besteht weiterhin. Schulleiter sind jedoch nicht verpflichtet, solche Schüler aufzunehmen. Das haben sogar Rechtsanwälte schon vergeblich versucht, durchzusetzen. Das kann so weit gehen, wie in einem Fall, den meine Frau berichtet hat, dass ein Sechstklässler jeden Tag mit seinem persönlichen Jugendamtsbetreuer in der Schule erscheint, der die Aufgabe hat, ihn zu "besänftigen" und zu "beruhigen", wenn er einmal wieder aus dem Ruder zu laufen droht.
Ein großes Problem liegt heute tatsächlich in der Irgnoranz vieler Eltern. Oft genug trumpfen zwar die Eltern bei den geringsten Fehlern seitens der Schule auf - nicht selten sogleich mit Rechtsanwalt - ein Brief von der Schule hat leider oft genug ebensolche Reaktionen zur Folge. Wenn sich ein fleißbefreiter Schüler dann noch durch seine Eltern bestätigt fühlt, ist der Weg schon fast vorgezeichnet.
Versuch' mal Dir vorzustellen, dass die Mutter eines Schülers während der Elternsprechstunde zu meiner Frau kommt, um ihr mitzuteilen, sie möge den Jungen bitte nicht mit diesen "lästigen Vokabeln" in Englisch quälen, ihr Sohn sitze jeden Nachmittag tränenüberstömt vor seinen Aufgaben, von denen er einfach überfordert sei. Das Lernen solle doch spielerisch vonstatten gehen. Eine andere Mutter beklagte sich über diese "fürchterlichen Übungsdiktate" in Deutsch, ihr Kind wäre daraufhin so nervös, dass jedes Diktat "in den Teich" gehe.
Erkläre einer deutschen! Mami, die ihren 12jährigen gesunden Sohn täglich den Ranzen zur Schule trägt, dass und warum der Sohnemann hin und wieder auch einmal Hausaufgaben machen müsse. Er habe, so kam die Antwort, so wenig Freizeit, da habe sie ihm erlaubt, selbst zu entscheiden, ob er die Hausaufgaben mache und wann nicht.
Das sind Beispiele aus dem Alltag von Grund- und Hauptschullehrern. In Realschulen sieht es häufig nicht viel besser aus. Eltern wollen zwar, dass ihr Kind einen möglichst guten Abschluss machen, doch dass sie dafür "büffeln" und "ochsen" müssen wie ich zu meiner Schulzeit, das wird nicht akzeptiert. Ein eng befreundeter Gitarrist, der Privatunterricht erteilt - er ist ein Meister seines Faches - berichtete mir erst Freitag das Gleiche: Seine Schüler kommen zu ihm, um Gtarre zu lernen. Nachdem sie zum erstenmal eine Gitare in der Hand halten, sind sie nach vier, fünf Stunden enttäuscht, dass sie ihre Lieblingshits noch immer nicht nachspielen können. "Der Unterricht tauge nichts", bekommt mein Freund dann zu hören.
Fakt ist heute, das immer weniger Autorität gelten darf. Eltern nehmen sie gegenüber ihren Kindern nicht mehr wahr und Kinder, die keine Autorität kennen gelernt haben, erkennen auch keine an. Da liegen die ersten Versäumnisse meistens zu Hause. Ich fand es auch nicht gut, dass der "Herr Lehrer" zu früheren Zeiten einen solchen Respekt genoss, dass er so ziemlich jeden Mist verzapfen konnte. Doch das heute so oft gepredigte "Niemand hat dir was zu sagen" ist eben das Herunterfallen vom Pferd auf der anderen Seite.
Lehrer und Schule sind heute - ich glaube, bundesweit - einem enormen Druck ausgeetzt. Zu viele Kinder in den Klassen, 30 und mehr, sorgen für ein lernfeindliches Klima. Die Erwartung von immer mehr Eltern: Die Schule ist zuständig für ALLE Probleme, die sie bisher mit ihren Sprösslingen hatten bzw. aktuell haben. Andererseits wird Eltern und Schülern schon sehr früh klar gemacht: Mit Realschule kannst Du gerade so hinkommen, aber DER Abschluss ist das Abi. Die Hauptschule ist dabei zur Schule der Looser, der Nichtskönner, Dummen und Proleten herabgewürdigt worden. Das wissen die Schüler soätestens ab der siebten Klasse und das prägt sich in so viele Schülerköpfe ein, dass die Arbeitshaltung entsprechend ist. Und wenn Lehrer und Rektor "befeuernde" Reden und Ansprachen halten, um zu versuchen, das Völkchen zu motivieren, winken sie müde ab: "Ich hab' doch sowieso keine Chance." Zu viele Eltern stoßen mit in dieses falsch tönende Horn.
Nein, die Probleme unserer Schulen und unseres Bildungssystems sind tiefgreifender, als man es in einigen Beiträgen abhandeln könnte. An den Schulen zeigen sich die Probleme, denen auch unsere Gesellschaft mehr und mehr ausgeliefert ist. Wenn Kinder auf eine gute Weise motiviert sind zum Lernen, lernen sie auch in einer "veralteten Schule mit "veralteten" Lehrmethoden. Jedenfalls traf das bei mir zu, bei meiner Frau ebenfalls. Unsere drei Ältesten haben auf diese Weise ziemlich gute Abiturnoten erreicht. Dafür haben sie sich allerdings zuweilen ganz schön plagen müssen, das gehörte einfach dazu.
Das allenthalben propagierte "Instant"-System - es funktioniert im Leben einfach nicht, wie es die Werbung gerne suggeriert. Schon gar nicht beim Lernen.